Martin Huth: “Das Auto und die Konversionsflächen”

Artikel in “Umweltfairbund Südhessen”, Ausgabe 3/2010

Reden wir mal über das Auto. Es hat einen so harmlosen Namen, dabei hat es die Macht, uns vom Menschen zum Unmenschen zu machen.

Es gibt nur wenige, die den betörenden Reizen des Autos nicht verfallen sind. Wer die Beschleunigung spürt, fühlt sich gut. Dieses Gefühl kommt aus sehr frühzeitlichen Schichten im Gehirn, wie Hermann Knoflacher in seinem Buch “Virus Auto” schreibt. Der Wiener Verkehrswissenschaftler stellte fest, dass es einen Trieb dazu gibt, Körper-Energie einzusparen. Und mit dem Auto verbraucht man zweifellos weniger Kalorien als mit dem Fahrrad.

Wem man das Auto wegnehmen will, oder seine Automanie auch nur in Frage stellt, der reagiert gereizt bis aggressiv. Vor diesem Unmenschan im Autofahrer hat die Politik Angst. Sie traut sich nicht, dem Auto seine Macht zu nehmen.

Deshalb werden Stellplatzsatzung, Tempolimit, Parkplätze nicht eingeschränkt.

Wir Bürger können nicht abgewählt werden. Und da wir gebeten wurden, die [Darmstädter] Konversionsflächen mitzugestalten, sollten wir es den Politikern mal ganz klar sagen: Autos haben in einem Wohnviertel nichts zu suchen.

Warum?

  • Auto sind laut.
  • Autos nehmen den Menschen den Platz weg. Sie machen sich überall breit, wo man es ihnen nicht verbietet.
  • Autos werden gefahren, “weil sie da sind”. “Das Auto hab ich eh.”. “Ich muss fahren, sonst rechnet es sich nicht.”
  • Autos beanspruchen nicht nur den Parkplatz, sondern auch die Straße.
  • Autos stinken.
  • Autos gefährden andere Menschen.
  • Autos machen Menschen zu Unmenschen.

Der Mensch nutzt (in der Regel) das Verkehrsmittel, welches am wenigsten Kalorien verbraucht. Damit man die Straßenbahn benutzt, muss der Weg zum Auto länger sein als zur Straßenbahnhaltestelle. So hat man sein Gehirn ausgetrickst. Denn der Fußweg zur Straßenbahn verbraucht nicht so viel Energie wie der Weg zum Auto.

Was wollen wir also?

  • ein lebenswertes Wohnviertel, in dem man nicht auf dem Bürgersteig gehen muss, sondern die ganze Straße benutzen kann.
  • ein ruhiges Wohnviertel.
  • ein fahrradfreundliches Wohnviertel.
  • und das Ganze auch noch für ganz Darmstadt.

Aber dies alles wird wohl nur eine Utopie bleiben. Die Autofahrende Mehrheit wird sich wieder durchsetzen, wir werden Straßen für fahrende und stehende Autos bekommen, alles wie gehabt.

Oder doch nicht?

Autofreie Wohnviertel wurden schon mehrfach realisiert. Ein Beispiel ist Freiburg-Vauban (Dokumentation auf www.forum-vauban.de). Auch Vauban war eine Konversionsfläche.
Viele Menschen haben die Nase voll von der Übermacht des Autos. Jetzt haben wir die Chance, das Auto aus einem Stadtteil auszusperren. Packen wir’s an!

Verkehrswende für Darmstadt